So plant man barrierefreie Urlaube

Behinderte im Rollstuhl sind seit Jahrzehnten ein bekanntes Bild an der barrierefreien Promenade von Los Cristianos auf Teneriffa. Foto: Sven Schneider

Mehr als 10 Millionen Menschen leben in Deutschland mit einer Behinderung, fast 8 Millionen Menschen sind schwerbehindert. Will diese Gruppe in den Urlaub fahren, muss sie einige Hürden aus dem Weg räumen und bestenfalls gut planen – sie ist angewiesen auf eine barrierefreie Reise. Dann klappt es auch mit dem Traumurlaub.

Barrierefreie Reiseziele finden

Mittlerweile gibt es weltweit Destinationen und Hotels, die sich barrierefrei oder wenigstens barrierearm aufgestellt und ihre Infrastruktur angepasst haben. Um diese Orte und Unterkünfte zu finden, lohnt ein Weg ins Reisebüro. Da Reiseveranstalter seit 2018 gerichtlich dazu verpflichtet wurden, in ihren Katalogen und Broschüren die Barrierefreiheit von Unterkünften und Reisezielen anzugeben, können auch die Mitarbeiter von Reisebüros auf einen Blick passende Urlaubsorte und Angebote finden. In den Prospekten stehen dann aber oftmals nur Basisinformationen, die wenig über die detaillierte Ausgestaltung aussagen. In diesem Fall – und auch, wenn ein Hotel nicht in einem Katalog aufgeführt ist – lohnt sich ein Anruf bei dem Hotel, um einfach mal nachzufragen. Auch bei Pauschalreise lohnt es sich, vorher den Kontakt mit dem Reiseveranstalter aufzunehmen.

Der passende Veranstalter

Je nach Schwere und Ausprägung einer Behinderung ist ein normales Reisebüro allerdings außen vor. Dann lohnt es sich, ein Reisebüro oder eine Agentur aufzusuchen, die auf Behinderte und barrierefreie Reisen spezialisiert ist.  Deren Mitarbeiter sind speziell geschult und kennen auf Anhieb die wichtigen Fragen, die geklärt werden müssen. Eine Auswahl von Spezialreiseveranstaltern gibt es hier: https://www.projektbuero-barrierefrei.de/spezialreiseveranstalter/

Eine weitere gute Quelle ist das Online-Portal „Reisen für Alle“ von der Arbeitsagentur barrierefreie Reiseziele in Deutschland. Hier werden viele Regionen in Deutschland mit ihren barrierefreien Hotels, Attraktionen und sonstigen Möglichkeiten dargestellt, mit zahlreichen Tipps & Tricks kommen bislang rund 2500 Ideen zusammen. Die aufgeführten Hotels, Restaurants oder Attraktionen wurden auf Herz und Nieren getestet, geprüft und mit einem Qualitätssiegel zertifiziert. Dadurch sehen Menschen mit Behinderung sofort, ob das Reiseziel für sie geeignet ist oder mit welchen Barrieren sie rechnen müssen. Generell gilt: Weder ein Reiseveranstalter noch ein Verkehrsunternehmen darf eine Buchung wegen einer Behinderung oder aufgrund des Alters des Reisenden ablehnen – es sei denn, die Annahme der Buchung bedeutet ein Sicherheitsrisiko für den Kunden.

Barrierefreie Anreise

Ob Auto, Zug oder Flugzeug – wer nicht am eigenen Wohnort urlaubt, muss eine Distanz überwinden. Die ersten beiden Optionen sind für kurze Distanzen allein aufgrund der Klimakrise eine gute Wahl, die aber auch Tücken enthält. Wer mit dem PKW fährt, sollte sich im Vorfeld darüber informieren, welche Raststätten barrierefrei ausgestaltet sind. Behindertentoiletten sind zwar mittlerweile zahlreich vertreten, aber noch nicht überall. Am besten vorher bei der Raststätte anrufen, ob es dort welche gibt und ob sie auch funktionieren.

Barrierefreie Zugreisen

Die Zugfahrt ins Urlaubsglück ist ebenfalls mit Planung verbunden. Die Deutsche Bahn bietet über ihre App „DB Bahnhof Live“ Informationen zu 5.400 Bahnhöfen, wie beispielsweise die Bahnhofstafel mit einer Übersicht aller an- und abfahrenden Züge, nächstgelegene Anschlüsse im Nahverkehr oder Informationen über den Bahnhof, Einkaufsmöglichkeiten und dem Zustand der Aufzüge und Rolltreppen an. Wer einen Zug aus eigener Kraft nicht betreten kann, wendet sich im Vorfeld einer Reise an den Mobiltätsservice der Deutschen Bahn und bucht einen Termin, damit zum richtigen Zeitpunkt am Abreise- und Zielort Mitarbeiter der DB vor Ort sind und unter anderem mit einem mobilen Hubwagen den Einstieg in den Zug erleichtern. Es gibt aber nur eine begrenzte Anzahl an Rollstuhlfahrer-Plätzen im Zug. Insofern sollte man die Fahrt und Assistenz rund zwei Wochen im Vorfeld der geplanten Reise arrangieren.

Barrierefreie Flugreisen

Am Airport gilt: Wer mit dem Rollstuhl verreisen will, der sollte spätestens 48 Stunden vor Abflug beim Flughafen anrufen und sich ankündigen. Nur dann kann garantiert werden, dass vor Ort auch Unterstützung da ist. Die fällt dann ziemlich komfortabel aus: Je nach Schwere der Beeinträchtigung sorgt das Personal dafür, dass man ohne Warteschlangen zum Check-In, durch die Sicherheitskontrolle und zum Gate und anschließend in das Flugzeug kommt. Für Flugzeuge gibt es spezielle Rollstühle, in die man dann während des Fluges gesetzt wird, der eigene Rolli kommt in den Frachtraum und wird am Ziel wieder getauscht. Damit das Bodenpersonal auch über die individuelle Situation des Passagiers Bescheid weiß, gibt es international gültige Klassifizierungen, die man kennen sollte:

WCHR (Wheelchair Ramp): Ein gehbehinderter Fluggast, der Hilfe beim Ein- und Aussteigen im Airport braucht, aber einige Schritte zu Fuß gehen kann.

WCHS (Wheelchair Steps): Stark gehbehinderter Mensch, der kaum gehfähig ist und Unterstützung bis zur Flugzeugtür benötigt.

WCHC (Wheelchair Carry): Gehunfähiger Passagier, der auch innerhalb des Flugzeugs Hilfe braucht, um zum Beispiel zur Toilette zu kommen.

Diese Sonderrechte haben Menschen mit Behinderung in der gesamten EU zu. Wichtig bei Flugreisen aber: Je nach Größe des Flugzeugs gibt es nur eine Handvoll Plätze für Rollstuhlfahrer, weswegen man sich rechtzeitig darum bemühen muss.

Aktivitäten am Urlaubsort

Anreise und Unterkunft sind nur die halbe Miete – denn was bringt es, am Urlaubsort nur im Hotelzimmer zu versauern? Das macht niemanden glücklich und man verbrennt Geld. Insofern ist hier nochmal Planung erforderlich. Man sollte sich im Vorfeld genau über Restaurants, Attraktionen und Ausflugsmöglichkeiten informieren, damit man auch Optionen zur Freizeitgestaltung vorfindet. Das Internet ist hier eine große Hilfe – so ziemlich jeder Anbieter und jedes Unternehmen hat heutzutage eine Homepage mit einer Kontaktadresse. Gehen Infos zu Hürden und barrierefreier Ausgestaltung nicht aus der Internetseite hervor, schreibt man einfach eine Mail und fragt nach. Dann muss man nur noch entscheiden und reisen – einem schönen Urlaub steht dann nichts mehr im Weg.

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